von Arthur Thömmes

 Szene 1: Die Lehrperson betritt den Klassenraum. „Schlagt in eurem Religionsbuch Seite 145 auf. Wir wollen heute über das Gebet sprechen. Sabine, lies bitte vor.“ Der Text wird von verschiedenen Schülerinnen und Schülern vorgelesen. Es folgen die üblichen W-Fragen und die passenden und unpassenden Antworten der Kinder. Die Lehrperson schreibt einige zusammenfassende Sätze an die Tafel. Die Schülerinnen und Schüler schlagen ihr Heft auf und schreiben den Text ab.

Szene 2: Ein Leichenwagen fährt auf den Schulhof. Interessierte Blicke einiger herumsitzender Jugendlicher. Zwei Männer steigen aus. Sie öffnen die Hecktür des Autos und tragen einen Sarg in das Schulgebäude. Was ist passiert? Gab es einen Unfall? Weitere neugierig und betroffen blickende Schülerinnen und Schüler nähern sich vorsichtig dem Geschehen. Bestattungsutensilien werden aus einem zweiten Wagen in das Gebäude getragen. Es herrscht ratloses Erstaunen. Zeitsprung. In einem abgedunkelten Raum steht vor einem Vorhang ein Sarg. Er wird umrahmt von wuchtigen Kerzenleuchtern, einem Kreuz und Pflanzen. Zwei brennende Fackeln lodern vor sich hin. Die Tür öffnet sich. Jugendliche betreten den Saal und blicken verwundert auf das sich ihnen bietende Bild. Sie flüstern miteinander. Fragende Blicke wandern hin und her. Eine Schülerin begrüßt die etwa 100 Gäste, die auf Stühlen Platz genommen haben. Sie spricht über ein Tabuthema, mit dem eine Projektgruppe von vier Jugendlichen die Anwesenden konfrontieren wollen: Sterben und Tod. Ein dunkel gekleidete Mann, er stellt sich als Bestatter vor, hält eine Trauerrede. Es herrscht gespannte Ruhe. Anschließend präsentiert die Projektgruppe auf einer Leinwand einen Film zum Thema, den sie in monatelanger Arbeit selbst gedreht, geschnitten und vertont hat. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, Theologen und Bestatter kommen zu Wort und sprechen über ihre Erfahrungen mit dem Tod. Das Publikum ist sichtlich bewegt. Schließlich kommt es zu einem abschließenden Gespräch über den Film und mit dem Bestatter über seine Erfahrungen und Gefühle. Die jungen Menschen verlassen den Raum und nehmen Bilder und Gedanken mit, die ihnen helfen sollen, ein Tabu zu brechen.

Zwei Beispiele, wie Unterricht verlaufen kann. Religionsunterricht kann langweilig sein oder spannend. Er kann ermüden oder etwas in Bewegung bringen. Auf jeden Fall sollte er sich von anderen Fächern unterscheiden. Und das nicht nur inhaltlich, denn es geht hier nicht nur um ein Thema, sondern vor allem um die Frage, was das Thema mit den Menschen zu tun hat, die sich damit auseinandersetzen.

Es geht mir im Religionsunterricht vor allem um die Auseinandersetzung mit den Licht- und Schattenseiten des Lebens und die Wege zu einem geglückten und gelingenden Leben. Es ist eine Art Spurensuche, auf die ich mich zusammen mit den Jugendlichen begebe. Ich wehre mich dagegen, fertige Lösungen als absolute Wahrheiten zu bieten. Ich stelle Lebensmodelle vor und helfe, Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Das ist eine sehr spannende Sache – vor allem in einer Zeit des medial inszenierten oberflächlichen Geschwätzes.

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